Welchen Einfluß hat die rasende technologische Entwicklung in allen Bereichen auf Immobilieninvestments?

Immobilien haben keinen Selbstzweck, sondern erfüllen nur einen Zweck für eine zeitlich begrenzte Periode. So benötigte man bis zum 19. Jahrhundert beispielsweise eine Remise für das damalige Fortbewegungsmittel Pferdekutsche. Heute findet man die ausgediente Pferdekutsche nur noch bei Nostalgieliebhabern oder Pferdeliebhabern. Die Pferdekkutsche wurde bekanntlich im 20. Jahrhundert durch das liebgewordene Automobil ersetzt und die Remise durch eine Garage. Dieses banale Beispiel zeigt, dass Immobilien eben nur eine bestimmte Zeit einen Zweck erfüllen und keinen Selbstzweck haben. In der Vergangenheit wurden eben durch Fortschritt und Entwicklung der Anforderungen bzw. veränderte Bedürfnisse Immobilien durch Umbau oder Neubau entsprechend angepasst. Als Projektentwickler und Immobilieninvestor war mir schon immer klar, dass ein von mir entwickeltes und gebautes Immobilienprojekt mindestens 30 Jahre Bestand haben muss, damit es sich im Laufe der Jahrzehnte amortisiert. Meine gesammelten Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass Veränderungen immer schneller kommen und somit entwickelte Immobilienprojekte nach kurzer Zeit nicht mehr passen. So haben wir  einen Lebensmittelmarkt für einen der größten Lebensmitteldiscounter entwickelt und gebaut und  bei der feierlichen Eröffnung von unserem Mieter erfahren, dass es bereits ein neues Konzept gibt. Somit war unser gerade eröffneter Markt schon wieder ein Auslaufmodell. In der Vergangenheit wurden Märkte über 25 Jahre unverändert betrieben, heute teilweise nach 15 Jahren schon wieder abgerissen und an anderer Stelle wieder aufgebaut. In Zukunft geschieht dies sogar noch viel schneller, weil sich der Handel in Richtung Logistik entwickelt und somit ganz andere
Anforderungen an das Objekt und Standort gestellt werden.

Veränderung aller Bereiche durch Digitalisierung

Die Zeit ab März 2020 hat gezeigt, dass aufgrund von Corona sich vieles verändert hat. So haben viele Unternehmen für zwei Jahre alle ihre Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt und ganze Bürotower in den Metropolen standen annähernd leer. Der Einkauf erfolgte durch Lockdown fast ausschließlich online. Wir haben alle die Vorteile und Nachteile von Homeoffice und Onlinehandel  erfahren. Überraschend hat sich gezeigt, dass die Arbeit von zu Hause von jetzt auf gleich relativ gut funktioniert hat.
Einige möchten nicht mehr ins Büro zurück und haben Ihre Worklife Balance gefunden, aber Andere vermissen den Kontakt zu Kollegen. Befragt man Menschen, wenn Sie sich entscheiden müssten, ganz Remote zu arbeiten oder wieder ganz im Büro zu arbeiten, so stellt man bei vielen eine Unentschlossenheit fest bzw. Den Wunsch nach einer Kombination aus beiden Modellen.
Geschäftskontakte erfolgten fast ausschließlich über Videokonferenzen und nicht mehr real. Meinen Geschäftswagen habe ich in den Monaten März bis Mai nicht mehr genutzt und dafür zahlreiche neue Geschäftskontakte ausschließlich über Videokonferenzen geschlossen. Die Technik hat auch bis auf wenige Aussetzer gut funktioniert. Meine gefahrenen Kilometer von ursprünglich 40.000 km im Jahr habe ich auf etwa 15.000 km reduziert. Wir haben alle gelernt, wie man viel Zeit und Geld sparen kann und somit auch viel effektiver arbeitet. Der coronabedingte Lockdown hat Startups aus dem Boden sprießen lassen, die sich mit neuen Technologien beschäftigen.
Die Entwicklung in den nächsten 10 Jahren ist größer als in den letzten 100 Jahren.  Es ist fast nicht vorstellbar, dass in den nächsten 10 Jahren mehr Entwicklung stattfinden soll als in den letzten 100 Jahren. Vor hundert Jahren, im Jahr 1922, ist mein Urgroßvater   noch mit der Kutsche gefahren. Autos hatten nur einige Wenige in der Stadt, in unserem Dorf nur der Bürgermeister. Es fällt sehr schwer, sich diese bahnbrechenden Veränderungen vorzustellen. In den letzten sechs  Jahren habe ich mich intensiv mit Zukunftstechnologien auseinander gesetzt und mit jungen Unternehmen (Proptechs, Fintechs, Taxtechs, Legaltechs und Robotic) beschäftigt. Ich gehe davon aus, dass sich in den nächsten 10 Jahren alles verändert. So werden wir in Zukunft nur noch Remote arbeiten und das Büro von heute wird nur noch ein Relikt der Vergangenheit sein. Wir werden uns in virtuellen Umgebungen mit Geschäftspartnern und Arbeitskollegen treffen, es real erfahren. Wir werden virtuell vereisen  – und es real erfahren. Wir werden in virtuellen Einkaufswelten bummeln und verweilen – und wir werden ein digitales zweites Ich im virtuellen Raum kreieren, welches wir mit virtueller Kleidung  ausstatten. Wir werden auch kein eigenes Auto mehr besitzen und uns nur nach Bedarf mit autonom fahrenden Taxen zu einem Bruchteil der heutigen Kosten fahren lassen. Jetzt denkt so mancher, was für eine schreckliche Vision, doch es wird Wirklichkeit in den nächsten 10 Jahren – auch wenn wir nicht daran glauben wollen.

Was für einen Einfluss hat die rasante Entwicklung auf Immobilien?

Nun, die Frage kann sich eigentlich jeder selber beantworten unter der Voraussetzung , dass man an diese Entwicklung glaubt. Ich gehe jedoch davon aus, dass in Zukunft – und das heißt in den nächsten 10 Jahren – viele reale Räume durch virtuelle Räume ersetzt werden und somit Büro- und Handelsimmobilien nicht mehr benötigt werden. In Zukunft treffen wir uns mit Arbeitskollegen nicht in Büroräumen, sondern vielleicht am Strand von Mauritius und erleben das virtuell real.  Die Vorstellung ist jedoch verlockend und ich glaube gerne daran.